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Stell dir vor...
Du stehst auf
2cv, seit Jahren oder Jahrzehnten hegst und pflegst du dein
Federvieh.
Stell dir vor, du wohnst am Land,
verdienst nicht die Welt, gehörst zum Mittelstand, größere "Hupfer"
sind leider nicht möglich; aber es geht dir und den Deinen gut, man ist
zufrieden, frönt seinem Hobby und besucht 2cv-Treffen.
Stell dir vor, du hast dir im Lauf der Jahre eine kleine Werkstatt
eingerichtet. Enten müssen schließlich gepflegt werden, du schraubst
gern und freust dich, wenn wieder eine Arbeit oder sogar ein ganzes Auto gut
gelungen ist. Von gelegentlichen Weihnachts- und/oder Urlaubsgeldern hast du
dir größeres Werkzeug gekauft, - so macht's Spaß. Eine Ente
ist natürlich nicht genug, und so sind es langsam mehr geworden, - 2 oder
3 oder 4; dazu hast du dir welche als Teileträger besorgt (Rahmen und Boden
zwar fertig, der Rest super). Und weil das nicht alles ins Haus passt, hast
du dir einen kleinen Schuppen dafür gebaut.
Stell dir vor, 20m vom Haus entfernt fließt ein Bach vorbei,
- nein kein richtiger Bach, ein Rinnsal; einen halben Meter breit und im Sommer
gerade tief genug, um eine Bierkiste zum Kühlen reinzustellen. Alles in
allem ein hübsches Platzerl.
Stell dir vor, es ist Sommer.
Es regnet. Stundenlang, tagelang. Draußen tost und brodelt es, undefinierbare
Geräusche; grau, nass, Wasser überall. Dein Bach, den du kennst seit
du denken kannst, ist innerhalb kürzester Zeit ein reißender Wildbach
und so schnell über den Ufern, dass du's unmöglich schaffst, großartig
zu evakuieren. Zwei drei Autos vielleicht, die eine oder andere Kostbarkeit
aus der Werkstatt.
Und dann kannst du nur mehr zuschauen,
machtlos, ohne Chance, eingreifen zu können. Kommt das Wasser auch noch
ins Haus rein? Was tun, wenn's weiter steigt? Im Keller plätschert's
schon, Grundwasser sickert durch's Mauerwerk.
Du machst die
ganze Nacht kein Auge zu, am nächsten Morgen siehst du erst,
was bis jetzt alles passiert ist: Dein Schuppen ist großteils
weg, zwei Enten stehen noch da, natürlich die Schlechteren, die
besseren zwei sind weg; ca. 100 m weiter unten findest du zuerst die
Eine, dann die Andere. Sämtliches Blech ist total verbeult,
absolut nichts mehr zu gebrauchen, ein Fall für den Schrott.
Deine Werkstatt sieht traurig aus, alles nass, überall brauner
Schlamm, die Elektrogeräte ein Fall für den Container,
Schweißgerät kaputt, nur der Kompressor hat überlebt.
Sämtliches Mobilar – eben alles was aus Holz ist –
ist hin; vieles vom Werkzeug wird in den nächsten Tagen durch
den Rost unbrauchbar werden. Eigentlich solltest du jetzt in die
Arbeit fahren...
ODER
Stell dir vor,
du wohnst in einer Kleinhaussiedlung: ein Haus, daneben eine Garage,
ein kleiner Garten, -die Gegend rund um die Siedlung ist flach wie
eine Bratpfanne. Weit und breit keine größere
Bodenerhebung, kein Gewässer.
Stell dir vor,
es ist Sommer. Es regnet. Stundenlang, tagelang. Du sitzt abends vor
dem Fernseher und hörst plötzlich ein Plätschern im
Garten. Verwundert schaust du beim Fenster hinaus. Unter dir fließt
beim gekippten Waschküchen-Kellerfenster Wasser heraus ins
Freie, du willst nachschauen gehen, aber auch das Stiegenhaus ist
voll Wasser. Du rennst ins Freie, kannst noch zwei deiner Autos
wegfahren, mehr geht nicht mehr, denn das Wasser steht schon
knietief. Der Rest ist nur mehr banges Warten: Woher kommt das Zeug?
Kommt noch mehr?
Zwei Tage später
hat das Bundesheer alle 7 Kellerräume leergepumpt, da siehst du
dann nur mehr nassen braunen Schlamm. Sämtliches Mobilar ist
kaputt, ebenso die Waschmaschine, beide gut gefüllten
Tiefkühltruhen, deine Videocassetten-Sammlung (über 1000
Stück), die alten Schallplatten, Werkzeug, Ersatzteile wie
Sitze, Innenverkleidungen etc., dein beim Nachbarn eingestellter
selbst restaurierter XM, der bis zum Dach im Wasser war, - alles
kaputt oder zumindest durchnässt und schlammbedeckt. Alles ein
Fall für den Container.
Am Abend siehst du dann im
Fernsehen, dass du eigentlich unheimliches Glück gehabt hast:
die Familie wohlauf, der Wohnbereich so gut wie unversehrt, trotz
des materiellen und ideellen Schadens ist deine Existenz nicht
gefährdet.
Stell dir vor,
du kennst die Hochwasserkatastrophe vom August 2002 nur aus dem
Fernsehen, dich hat's überhaupt nicht erwischt.
Kannst du dir vorstellen, mit deinem
Hobby bei null anfangen zu müssen?
Auch die österreichischen 2cv-Freunde halten zusammen, sie
helfen einander und spenden auf ihr eigenes Spendenkonto. Es werden keine Millionen
zusammenkommen, ist auch nicht nötig. Unsere Hochwasseropfer sollen aber
sehen, dass wir sie nicht nur als Schrauber und Lagerfeuersitzer kennen und
schätzen, sondern es uns ein paar Euro wert ist, dass auch sie wieder ihrem
geliebten rostigen Hobby frönen können. Und wenn's auch nur ein neuer
Schraubenziehersatz wird, der von den OECC-Leuten gespendet wurde.
turbo
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