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Author: Axel Polanschütz

6.3.5 Die Expansion des Unternehmens im Ausland

Die in den frühen 20er Jahren begonnenen Unternehmenserweiterungen in Form von Montagefabriken im Ausland wurden in den 30er Jahren beibehalten bzw. je nach Land unterschiedlich gehandhabt, aufgrund größerer politischer oder wirtschaftlicher Probleme aufgelassen, wodurch man sich auf eine entsprechende Markenvertretung beschränkte.


6.3.5.1 Die wichtigsten Zweigniederlassungen in Europa

6.3.5.1.1 Großbritannien

In der Fabrik Slough, in der Nähe Londons, wurden gegen Ende der 20er Jahre die Modelle C 4 und C 6 mit geringen Unterschieden zu den französischen Erzeugnissen hergestellt.
Zwischen 1929 und 1932 wurden dort 8.242 Wagen erzeugt, diese Zahl inkludiert jene Modelle, die von Großbritannien aus exportiert wurden.291

Die Fabrik Slough wurde im Winter 1932, wie die Anlagen der französischen Muttergesellschaft, auf die neuen „Rosalie“ Modelle umgestellt. Die Autos erhielten dort gänzlich andere Bezeichnungen, wie „Ten“ („8“), „Light Twelve“ („10 L“) oder etwa „Light Twenty“ („15 L“). (In Klammer die französichen Werksbezeichnungen) Die Unterschiede waren vor allem bei der Ausstattung, welche exklusiver war, eklatant. Für diese Arbeit ist noch von Bedeutung, daß der Montageprozeß etwas herkömmlicher, mit einem größeren Anteil an Handarbeit, ablief.292

Die ersten neuen Traction Avant Modelle kamen gegen Ende September 1934 nach England. Es handelte sich dabei um in Frankreich hergestellte Wagen, welche mit englischen Accessoires ausgestattet waren. Die Produktion der hier „Super Modern Twelve“, („7“) „Popular Twelve“ („7 Eco“) oder „Big Six“ („15 Six“) (In Klammer die französichen Werksbezeichnungen) genannten Autos begann erst im Oktober 1934. Die Basis der Karosserien, ebenso wie die restlichen Blechteile, kamen vorgefertigt aus Frankreich und wurden in Slough zusammengebaut und lackiert.
Der Rumpfmotor wurde ebenfalls aus Frankreich angeliefert und mit Bauteilen englischer Herstellung vervollständigt. Nahezu sämtliche restliche Anbauteile kamen von englischen Zulieferern. Die Reifen etwa kamen von Michelin, wurden aber in Großbritannien erzeugt.

Auch bei diesen Wagen war die Ausstattung etwas gehobener, so waren die Sitze, mit wenigen Ausnahmen, aus Connolly- oder Bridge of Weir-Leder gefertigt.293
Bis zum Jahr 1940, als die Produktion kriegsbedingt praktisch auf Null gesunken war, wurden in Slough 5.924 Wagen der „Traction Avant“ Modellreihe erzeugt, wovon 2.002 Stück exportiert wurden.294 Hauptexportländer waren die Commonwealth-Länder und Australien wegen der Rechtslenkung.


6.3.5.1.2 Belgien

Nur kurze Zeit nach der Umstellung von den „C 4“ und „C 6“ Modellen in Paris auf die neuen „Rosalie“ Modelle im Jahr 1932 änderte man auch in der Fabrik Forest in Belgien die Anlagen auf diese neue Modellreihe. Die Produktion war hier wesentlich einfacher gestaltet als in Paris. So wurde die Karosseriemontage und deren Zusammensetzung zu großen Teilen in Handarbeit mit Unterstützung von Maschinen ausgeführt. Fließbänder fehlten in weiten Bereichen der Fabrik.
Über die Produktionszahlen der mit den Französischen Produkten nahezu identischen Autos gibt es keine Informationen mehr, da der Großteil der vorhandenen Unterlagen im zweiten Weltkrieg vernichtet wurde.295

Da auch in Belgien in den 30er Jahren zunehmend Zollbeschränkungen eingeführt wurden, sah man sich gezwungen, große Anteile der 1934 eingeführten „Traction Avant“ Modelle in Belgien herstellen zu lassen. So wurden belgische Bleche nach Frankreich transportiert, dort daraus Preßteile hergestellt und diese, für den Zoll gekennzeichnet, wieder nach Belgien gebracht und dort miteinander zu Karosserien verschweißt. Zahlreiche andere Bauteile, wie Sitze oder Armaturen, wurden gänzlich in Belgien erzeugt.

Motor und Getriebe kamen anfangs komplett aus Frankreich. Einige Bauteile, wie etwa Zylinderköpfe, wurden ab Ende 1935 als roher Gußteil geliefert, um in Forest fertiggestellt zu werden. die Produktion wurde während des Krieges verringert, aber nie ganz eingestellt und beschränkte sich auf die Limousine. Die Produktionsanlage war wesentlich moderner ausgestattet, wodurch die händische Fertigung zurückgedrängt wurde.296



6.3.5.1.3 Deutschland

In Deutschland sah sich Citroën einem aufkommenden Nationalismus gegenüber, so wurden ausländische Autohersteller zunehmend von Gruppierungen, wie der VDK (Verbrauchergemeinschaft Deutscher Kraftfahrzeuge) oder dem daraus entstandenen NDAK (Nationaler Deutscher Automobil Klub) angefeindet und die Bevölkerung aufgerufen, nur inländische Automobile zu kaufen.

Durch die gute Nachfrage sah man sich bei Citroën im ersten Halbjahr 1929 jedoch noch veranlaßt, die Produktion der „C 4“ und „C 6“ Modelle zu erhöhen.297

Gegen Ende 1932, Anfang 1933 wurde in Köln die Produktion der neuen „Rosalie“ Modelle eingerichtet.
Um politischen Problemen zu entgehen, versuchte Citroën möglichst viele Teile in Deutschland von dort ansässigen Lieferanten erzeugen zu lassen.

So ließ man die Motoren bei Siemens erzeugen. Man warb u. a. mit dem Slogan „Der neue 1,4 l, 6/30 PS Citroën mit schwebenden Motor Ganz Deutsch!“. Es ist jedoch mit Sicherheit anzunehmen, daß zahlreiche Teile nicht aus Deutschland stammten.298
Auch Sabatès schreibt zu diesem Thema, daß die inländische Produktion den Effekt hatte, daß die deutsche Bevölkerung die Citroën Wagen als nationales Erzeugnis betrachteten, wodurch man sich bei Citroën einen Platz ganz vorne am deutschen Markt erhoffte. Außerdem entsprach der „8“ den Bedürfnissen einer großen Gruppe potentieller Kunden, was auch die Produktionszahlen in Deutschland hergestellter „Rosalies“ beweisen.299

8 A 1.290 Stück
10 A + AL 1.056 Stück
15 A + AL 50 Stück
Bei den neuen „Traction Avant“ Modellen, welche in Deutschland 1934 eingeführt wurden, versuchte man mit einer ähnlichen Politik die Kunden für Citroën Wagen zu begeistern, indem man möglichst viele Komponenten vor Ort erzeugen ließ.300

Wegen der finanziellen Probleme in Frankreich, ließ sich Ende 1934 bis 1935 die Produktion nur schwer aufrecht erhalten. Im November 1935 beanchrichtigte man die Gläubiger, daß man die Zahlungen einstellen müsse. Bereits am 30. Jänner 1936 wurde die deutsche Firma Citroën per Vergleich aufgelöst und in die „Poller Citroën Dienst AG“ umgewandelt. Zur gleichen Zeit mußte die Fertigung eingestellt werden, welche danach nicht mehr aufgenommen wurde.

Im März 1940 zog in die Fabrikshallen die „Klöckner-Humboldt Deutz AG“ per Anordnung des zuständigen Wehrkreiskommandos ein.301


6.3.5.1.4 Österreich

Österreich kam erstmals in den 30er Jahren mit Citroën Automobilen in Kontakt. Was für die Käufer hier jedoch nicht erkennbar war, denn diese in geringen Stückzahlen hergestellten luxuriösen Autos, trugen den Namen „Gräf & Stift“.

Sabatès302 schreibt, daß die Wiener Firma Gräf & Stift in Österreich zwischen 1933 und 1936, etwa 500 Stück des „Rosalie“ Modells „15“ in Österreich unter Lizenz erzeugte. Alle für die Produktion des hier „Gräf & Stift MF 6“ genannten Wagens benötigten Teile, wurden hier in Österreich gefertigt. Joseph Gräf nahm mit seinem persönlichen „MF 6“ an verschiedenen Veranstaltungen teil.303

Der Gräf & Stift MF 6, dessen von Citroën entwickelter Motor bei Gräf & Stift gebaut wurde, wurde bei der Wiener Frühjahrsmesse im Jahr 1933 vorgestellt.304
„Mit dem MF 6 stieg Gräf & Stift in die PKW-Serienfertigung ein. Für das System des „schwebenden Motors“ - eine Zweipunktaufhängung, die besonders ruhigen Motorlauf gewährleistete - wurde die Erzeugerlizenz von Citroën erworben.
Als Besonderheit wies der Wagen die erstmals verwirklichte Ganzstahlkarosserie, ein Dreigangsynchrongetriebe mit Freilauf, sowie die Verwendung von splitterfreiem Sekurit-Sicherheitsglas auf.“305 Obwohl Gräf & Stift bis zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich teure, luxuriöse Einzelanfertigungen herstellte, zeigt dieser Auszug aus Seper, den zu dieser Zeit aktuellen technischen Fortschritt von Citroën Automobilen trotz Großserienfertigung.
Als viersitziges Cabriolet, in Frankreich als „Roadster - Cabriolet 2/4 places“ angeboten, wurde dieses Lizenzfabrikat u. a. auch an Ernst Rüdiger Fürst Starhemberg, welcher 1934 - 1936 Vizekanzler der Republik Österreich war, ausgeliefert.306



6.3.5.2 Tätigkeiten auf außereuropäischen Märkten

Auch außerhalb Europas versuchte Citroën seine Modelle abzusetzen, wenngleich die Erfolge aufgrund der starken Präsenz der amerikanischen Anbieter, bescheiden waren.

Nach Australien exportierte man sowohl die „Rosalie“ als auch die „Traction Avant“ Modelle, welche hauptsächlich aus englischer, oder französischer Produktion stammten.

Citroën Wagen wurden u. a. in Nord-Afrika, Ägypten und Indochina angeboten. Ab Sommer 1934 versuchte André Citroën auch in Nord-Amerika tätig zu werden. Man beabsichtigte eine Lizenz zu verkaufen, welche an die Abnahme von Teilen aus Frankreich gebunden war. Diese Überlegungen konnten aber aufgrund der Transportkosten nicht realisiert werden, weshalb es lediglich zur Bildung einiger Importeure, wie der „The Citroën Challenger Motor Car Corporation“ in Los Angeles, kam. Die Stückzahlen dürften jedoch gering gewesen sein.

In Süd-Amerika wurde man vor allem nach dem zweiten Weltkrieg verstärkt tätig.307

Auch heute gibt es noch keine offizielle Werksvertretung in den USA. Zahlreiche Versuche bis in die 90er Jahre, teils mit selbständigen Importeuren oder firmeneigenem Engagement, waren nicht von Dauer.


6.3.6 Neue, erstmals in der Großserie im Automobilbau eingeführte Technologien

Waren es in den zwanziger Jahren, abgesehen von der Ganzstahlkarosserie, vor allem die Produktion betreffende innovative technische Neuheiten, so ging man in den dreißiger Jahren dazu über, die Produkte stetig zu verbessern und sie von den Konkurrenzmodellen abzuheben. Dies gelang vor allem mit dem 1934 eingeführten „Traction Avant“, welcher zahlreiche Neuheiten aufweisen konnte, und zweifellos eines der modernsten Großserienfahrzeuge dieser Zeit war.

 

6.3.6.1 Schwimmend gelagerter Motor

Eine für den Automobilbau wichtige Technologie kam ebenfalls aus den Vereinigten Staaten. „The floating power“, oder der „moteur flottant“, wie ihn Citroën in Frankreich bewarb.

Die Technik des schwimmend gelagerten Motors stammt ursprünglich von zwei französischen Ingenieuren, Lemaire und d`Aubarède, welche Absolventen der École centrale de Lyon waren. Der Konstrukteur Legrand montierte dieses System erstmals und ließ es 1913 patentieren. Für die Großserienproduktion weiterentwickelt wurde es von Chrysler. André Citroën erwarb diese Lizenz 1931 und ließ diese Technik in die neuen 8, 10 und 15 CV Modelle einfließen.308
Olivier de Serres309 schreibt von einem im Jahr 1975 mit Herrn d`Aubarède geführten Interview, welcher ihm seine damaligen Gedanken und Bemühungen zum schwimmend gelagerten Motor erläuterte. D`Aubarède war 1929 Entwicklungschef beim Hersteller Rochet-Schneider, wo man einen Vierzylinder-Wagen mit diesem System entwickelte. Es heißt weiter, daß diese Technik 1929 patentiert wurde und bei einem Vortrag von Herrn Lemaire vor Ingenieuren von Chrysler an diese abgetreten wurde. Laut de Serres erwarb André Citroën dieses Patent erst 1932.310

Der große Vorteil dieser Technologie lag darin, daß durch diese Art der Motoraufhängung die starken Vibrationen des Explosionsmotors, welche bisher ungedämpft auf das Chassis und den Fahrgastraum einwirkten, beträchtlich reduziert werden konnten und somit für höheren Komfort und geringere Belastungen für die Karosseriestruktur sorgte.


6.3.6.2 Selbsttragende Karosserie

Beim „Traction Avant“ ging man erstmals in der Großserie vom System der auf einen Rahmen aufgesetzten Karosserie ab.

Da man bereits über gute Erfahrungen mit der Ganzstahlbauweise verfügte, konnte man diese Technik noch weiter ausbauen. Der Vorteil, den die selbsttragende Karosserie mit sich brachte, lag einerseits in einer schnelleren Fertigung, da die Chassisvormontage entfiel, und andererseits in einer niedrigeren und glatteren Karosserie, was dem Wagen eine bessere Straßenlage einbrachte. Weiters wurde die Karosserie dadurch stabiler, was man in medienwirksamen Tests bewies. 311



6.3.6.3 Vorderradantrieb

Der Vorderradantrieb ist heute im Automobilbau zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Alle PKW Neuentwicklungen und teilweise auch die Nutzfahrzeuge von Citroën, waren ab 1934 mit dieser Antriebsart ausgestattet.

Auch der Vorderradantrieb war bereits bekannt. André Citroën verstand es jedoch, dieses Antriebssystem in die Großserienproduktion im Jahr 1934 einfließen zu lassen.

Seit 1895 bemühten sich etwa 60 Automobilbauer in Deutschland, England und Frankreich, dieses System anzuwenden.
André Citroën hätte die Möglichkeit gehabt, gemeinsam mit Lucien Rosengart einen kleinen Frontantriebswagen zu erzeugen. Im Jahr 1932 präsentierte Gustav Röhr den Adler Trumpf mit Vorderradantrieb, dessen Patent Rosengart kaufte. Da sich Citroën für eine eigenständige Konstruktion entschied, erzeugte Rosengart den Adler Trumpf in Lizenz.
Nach einigen Problemen mit diesem System konnte man mit dem ins Unternehmen eingetretenen Ingenieur Grégoire den Vorderradantrieb zu Serienreife bringen, obwohl dieser anmerkte, daß man durch die Übernahme des Adler-Systems den Wagen ein Jahr früher ohne Probleme hätte fertigstellen können.312

Der Vorderradantrieb brachte, neben höherem Komfort durch vergrößerten Fußraum, auch eine bessere Straßenlage des Wagens mit sich.


6.3.7 Die bei Citroën erzeugten Automobiltypen der Jahre 1929 - 1939

Dieser Abschnitt behandelt die verschiedenen Automobile der Periode 1929 bis 1939. Auch in diesem Zeitabschnitt werden die produzierten Nutzfahrzeuge nicht berücksichtigt. Neben Lieferwagen auf Basis der Personenwagen wurden vor allem Lastkraftwagen, welche auf größeren Chassis aufbauten, produziert.

Die produzierten Stückzahlen, sowie die Produktionszeiten der einzelnen Baureihen sind in der entsprechenden Tabelle im Anhang dargestellt.

 

6.3.7.1 Citroën C4 und C6

Von 1929 bis 1932 wurde nach wie vor die Modellreihe der C4 bzw. C6 gebaut. Diese Wagen wurden während ihrer Produktionszeit mehrfach überarbeitet und erhielten dadurch zur Unterscheidung bei der offiziellen Typisierung verschiedene Zusatzbezeichnungen.
Diese Zusatzbezeichnungen gingen mit technischen und geringfügigen optischen Änderungen einher. Doch auch diese Varianten sind nicht Gegenstand der Arbeit.

Eine große Neuheit floß im April 1932 in die Modelle ein. Der Motor war elastisch gelagert, wodurch die Vibrationen verringert werden konnten und dies den Fahrkomfort wesentlich verbesserte.313
Sabatès314 geht davon aus, daß der Motor bereits ab März schwimmend aufgehängt war. Das Karosserie-Angebot war bereits wesentlich umfangreicher, weshalb ich dieses hier nicht mehr anführe und Interessierte an Sabatès 1995 b) verweise.315

 

6.3.7.2 Citroën 8 CV, 10 CV und 15 CV - Rosalie

Diese Modellreihe wurde offiziell auch „8“, „10“ und „15“ genannt, aber auch „Rosalie“ und zu diesem Namen zusätzlich die oben angeführten Steuerklassenbezeichnungen angegeben. Zum besseren Verständnis beschränke ich mich hier auf die Bezeichnung „Rosalie“.

Gegen Ende 1932 wurden die erfolgreichen C4 und C6 Modelle von den neuen Rosalie-Modellen abgelöst.

Vorgestellt wurden diese Autos anläßlich des Autosalons im Oktober 1932. Das Basismodell, welches den Citroën C4 ersetzte, war der „8“ oder „8 CV“, welcher mit einem Vierzylindermotor ausgerüstet war.
Das zweite Modell dieser Baureihe war der etwas größere „10“ oder „10 CV“, welcher ebenfalls mit einem Vierzylindermotor geliefert wurde. Das Spitzenmodell war der „15“ oder „15 CV“, welcher den C6 ersetzte. Mit der verbesserten Ausstattung und den größeren Abmessungen war dieser Wagen eher gehobeneren Bevölkerungsschichten vorbehalten. Der 8 CV war mit einer vorderen Spurweite von 1,34 m, die 10 CV und 15 CV mit einer Spurweite von 1,42 m erhältlich.
Als Modell 10 L bzw. 15 L (L = Légère) waren diese mit der kleinen Spurweite erhältlich.316
Mikloweit hebt in seinem Buch den technischen Fortschritt dieser Baureihe hervor:
„Allen gemeinsam war der schwebend aufgehängte Motor („moteur flottant“), dessen Europa-Lizenz Citroën von Chrysler - dort sprach man von „floating power“ - erworben hatte. Die elastische Dreipunktlagerung sollte Schwingungen absorbieren und zu einer weiteren Geräuschminderung im Wageninneren beitragen. Neu waren außerdem das Synchrongetriebe, ein Freilauf (...), Superballonreifen, Scheiben aus Sicherheitsglas. Eine bedeutsame Neuerung brachte Citroën auch im Rahmenbau. Die Träger waren jetzt an den bisher offenen Seiten geschlossen, so daß sie den Querschnitt von Vierkantrohren hatten und zur Versteifung der gesamten Chassiskonstruktion beitrugen.“317

Im Jahr 1934 wurde eine weitere technische Neuerung eingeführt. Die Modelle wurden mit vorderer Einzelradaufhängung und Drehstabfederung ausgerüstet, was zu den Typenbezeichnungen „8 B“, „10 B“ bzw. „10 BL“ und „15 B“ bzw. „15 BL“ führte. Auch wurden bei der gesamten Modellreihe geringfügige Änderungen an der Karosserie vorgenommen.318
Diese Modelle waren wie auch schon die Vorgänger in zahlreichen Karosserievarianten erhältlich. Automobiles Citroën nennt in seiner Firmenchronik fünf verschiedene Chassisvarianten, „Limousine“, „Conduite Intérieure“, „Torpédo“, „Familiale“, „Coupé de Ville“, „Coupés“, „Cabriolets“ und zahlreiche Spezialkarosserien.319

Da es sich bei den Gräf & Stift MF 6 - Modellen um Lizenzbauten des „15“ handelte, lassen sich die Worte von Seper320 über die Qualitäten des Wagens zweifelsfrei im Originalton übernehmen.
„An damals neuen und modernen Besonderheiten umfaßte der Gräf &Stift MF 6 eine ganze Reihe, vor allem den „schwebenden Motor“, dann das Synchrongetriebe, den Freilauf, verwindungssteifen Kastenrahmen, hydraulische Stoßdämpfer und Tiefbettfelgen mit Ballonreifen. (...) Tiefe Schwerpunktlage erhöhte die Sicherheit und Stabilität des Fahrzeuges. (...) Die neuartige Duo-Servo-Vierradbremse im Verein mit stoßfreier Lenkung bot einen hohen Grad von Fahrsicherheit und erlaubte die Zurücklegung auch größerer Entfernungen ohne Ermüdung des Fahrers. Der MF 6 konnte als ein vorzüglicher Reisewagen für höhere Ansprüche bezeichnet werden und unterschied sich von den großen und teuren Fahrzeugen nur in vorteilhafter Weise durch den geringeren Preis.“321


6.3.7.3 Citroën 7 CV, 11 CV und 15 CV - Traction Avant

Mitten in den Wirren der Weltwirtschaftskrise ließ André Citroën die Entwicklung eines Nachfolgemodells für die Rosalie-Typen vorantreiben. Beabsichtigt war die Konstruktion eines fortschrittlichen modernen Wagens, welcher mit zahlreichen neuen technischen Details ausgestattet sein sollte. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist auch die kostenintensive Entwicklung dieses Modells mit verantwortlich für den finanziellen Ruin des Unternehmens.

Die erste Präsentation des neuen Modells „7“ erfolgte am 24. März 1934, allerdings durften daran nur die wichtigsten Händler der Marke teilnehmen. Am 18. April erfolgte schließlich die offizielle Pressevorstellung in der Citroën eigenen Ausstellungshalle am Place de l`Europe in Paris. Die erste Präsentation führte zu sofortigen Aktienspekulationen, wodurch der Kurs noch am selben Abend um 10 % anstieg.322

Dieser Wagen war anfangs in den Karosserievarianten „Berline“, „Coupé“ (offiziell „Faux Cabriolet“ genannt) und als zweisitziges „Cabriolet“ erhältlich. Mit Einführung des „11 CV“ war auch eine „Familiale“-Version erhältlich, welche drei seitliche Fenster aufwies und einen wesentlich größeren Innenraum bot.
Durch einige nötige technische Verbesserungen folgten die Modelle „7 B“, „7 C“ und „7 S“. Aus dem „7 S“, welcher etwas stärker motorisiert war, folgte etwa im Juni 1934 der Typ „11“, welcher aufgrund der Spurweite von 1,34 m bald zum Typ „11 Légère“ wurde. Von da an wurden die „7“ und „11 L“ Modelle mit gleichen Abmessungen , aber verschiedenen Motorisierungen verkauft.
Der erste Typ „11 A“, mit vergrößerter Spurweite wurde im September 1934 offiziell vorgestellt, wurde aber wahrscheinlich bereits ab Juni (Datum der Typisierung) erprobt. 323

Das Modellprogramm setzte sich nun aus den Typen „7 C“, „11 Légère“ und „11 A“ zusammen. Der „7“ sollte den parallel produzierten „8 CV“ aus der Rosalie-Serie ablösen, der „11 CV“ den Rosalie „10 CV“ und der „15 CV“ sollte durch einen Achtzylinder, 22 CV Wagen ersetzt werden.
Ab 1939 gingen die Produktionszahlen kriegsbedingt drastisch zurück. Das Coupé wurde ab 1939 bereits nicht mehr erzeugt und zählt heute gemeinsam mit dem Cabriolet zu den gesuchtesten Klassikern dieser Modellreihe.
Obwohl die Arbeiten in den Citroën Werken während des Krieges nie völlig eingestellt wurde, liefen nur wenige Traction-Avant, wie diese Modelle wegen des Vorderradantriebes auch genannt wurden, während der Jahre 1940 bis 1945 vom Band. Von 1943 bis 1944 wurden lediglich LKW-Chassis hergestellt. Im Jahr 1941 wurde das letzte Cabriolet gefertigt. 324

Als Ersatz für die luxuriösen „15 CV“ Modelle der Rosalie-Reihe wurde ein neuer Sechszylinderwagen konstruiert, welcher weitgehend auf der gleichen Karosserie der übrigen Traction-Avant Modelle basierte. Genaue Daten über Präsentation oder Produktionsstart sind nicht mehr bekannt, jedoch steht fest, daß ab etwa Ende 1937 die ersten Bestellungen getätigt wurden.

Im Jahr 1940 wurde die Produktion mit nur 25 Exemplaren bis 1946 eingestellt. Wie die kleineren Wagen wurde der „15/6“ oder „15 Six“ in den Versionen „Berline“, „Cabriolet“ und „Familiale“ angeboten.325

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Jahr 1945 die Produktion der „11“ und „11 L“ wieder aufgenommen. Die ersten „15/Six“ folgten 1946. Die Traction Avant Baureihe blieb bis 1957 mit nur wenigen Veränderungen im Programm.326
Um sich über diese Modellreihe in allen Details zu informieren, ist das im Literaturverzeichnis angeführte Werk von Serres de zu empfehlen.

 

6.3.7.4 Weitere Entwicklungen dieser Periode

Um den „15 CV“ der Rosalie-Reihe zu ersetzen erprobte man bereits im Jahr 1934 einen etwas größeren Traction Avant mit Achtzylindermotor. Diese Modelle wurden sogar in Prospekten bereits erwähnt und auch am Autosalon im Oktober 1934 präsentiert. Die Konstruktion des „22 CV“ genannten Wagens wurde jedoch im Zuge der Umstrukturierungen des Unternehmens nicht realisiert.327 Man produzierte statt dessen den oben angeführten „15 CV“.

Ab dem Jahr 1936 arbeitete man bei Citroën an der Entwicklung eines billigen Kleinwagens, dem „TPV“ (Toute Petite Voiture). 1936 entstand einer der ersten, heute noch existierenden Prototypen, worauf eine ausgiebige Erprobungsphase mit weiteren rund 250 Prototypen bis 1939 erfolgte. Um die Idee dieser Konstruktion vor den deutschen Besatzern zu bewahren (Deutschland arbeitete zu dieser Zeit am KDF-Wagen), wurde dieser Wagen bis auf ein Exemplar, welches sich heute in der Citroën-Sammlung befindet, verschrottet.328 Erst Mitte der 90er Jahre entdeckte man 3 weitere TPV-Prototypen in einer aufgelassenen Scheune am Citroën-Testgelände von la Ferté-Vidame. Im Jahr 1948 wurde dieser Wagen in seiner endgültigen Form als Citroën 2 CV der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser Wagen wurde schließlich bis 1990, beinahe unverändert, mit einem hohen Anteil maschinenunterstützter Handarbeit produziert.


291 vgl. SABATÈS, 1995, b), S. 282
292 vgl. SABATÈS, 1992 a), S. 144 ff
293 vgl. SERRES de, 1993, S. 216 ff
294 vgl. SERRES de, 1993, S. 236
295 vgl. SABATÈS, 1992 a), S. 135 ff
296 vgl. SERRES de, 1993, S. 190 ff
297 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 55 ff
298 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 66 ff
299 vgl. SABATÈS, 1992 a), S. 141
300 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 73 ff
301 vgl. MIKLOWEIT, 1991, S. 87 ff
302 vgl. SABATÈS, 1992 a), S. 140
303 vgl. ebenda
304 vgl. SEPER, 1991, S. 177
305 SEPER, 1991, S. 234
306 vgl. SEPER, 1991, S. 236
307 vgl. SERRES de, 1993, S. 256 ff
308 vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 120
309 vgl. SERRES de, 1993, S. 34 ff
310 vgl. ebenda
311 vgl. SERRES de, 1993, S. 40 f
312 vgl. SERRES de, 1993, S. 15 f
313 vgl. WOLGENSINGER, 1996, S. 172 f
314 vgl. SABATÈS, 1995 a), S. 104 ff
315 vgl. ebenda
316 vgl. SABATÈS, 1995 b), S. 128
317 MILOWEIT, 1991, S. 64
318 vgl. SABATÈS, 1995 a), S. 166
319 vgl. AUTOMOBILES CITROËN, 1996, S. 9
320 vgl. SEPER, 1991, S. 177 f
321 SEPER, 1991, S. 177 f
322 vgl. SERRES de, 1993, S. 23
323 vgl. SERRES de, 1993, S. 54 ff
324 vgl. SERRES de, 1993, S. 77 ff
325 vgl. SERRES de, 1993, S. 123 ff
326 vgl. SERRES de, 1993, S. 390
327 vgl. SERRES de, 1993, S. 123 f
328 vgl. WOLGENSINGER, 1995, S. 19 ff

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